Det börjar bli stormigt

Es wird stürmisch

Der Deutsche Wetterdienst hat für heut‘ und morgen orkanartige Böen vorausgesagt. Da es der DWD war und nicht das Innenministerium, gehe ich davon aus, dass es bei einem meteorologischen Sturm bleiben wird. Der gesellschaftliche baut sich weiterhin stetig im Hintergrund auf.

Aber auch, was unsere Pläne betrifft, zieht die Geschwindigkeit des „Wind of Change“ stetig an. Mein vorerst letztes Wochenende in der BRD steht an. Nächste Woche Mittwoch bekommt mein Auto den letzten Schliff von unserer Lieblingswerkstatt, Donnerstag Nachmittag ist der ersehnte Notartermin, wo wir die Hoheit über Glügge-Heim und -garten an unsere Nachfolger übergeben, Freitag wird das Auto beladen und abends geht es mit meinem Freund nach Swinemünde, tanken, einkaufen und letztendlich auf die Fähre nach Trelleborg. Aus dem „in sechs Monaten gehe ich hoch, für uns den passenden Hof suchen“ ist plötzlich ein „nur noch neun Tage“ geworden.

So viel steht noch auf der Liste, an das ich denken muss. Meine technischen Geräte für die Arbeit, Utensilien, Unterlagen, einige Vorräte, Angelzeug (!), etc. Auch klamottentechnisch sollte die erste Zeit gut geplant sein. Mal eben schnell ins noch aktuelle Heim fahren, weil man etwas vergessen hat, ist etwas ungünstig. Bis Ostern muss ich erst einmal allein und ohne die Lieben zurande kommen. Wobei das natürlich auch Rumjammern ist. Schreiben werden wir jeden Tag, telefonieren jeden Abend. Wird wieder so, wie zu der verhassten Zeit, als ich in Frankfurt am Main ein dreijähriges Projekt hatte, nur dass dieses mal das Umfeld und die Lebensbedingung ungleich wundervoller sein werden, als das Frankfurter Bahnhofsviertel…

Auch sonst werde ich hier nicht einsam sein. In nur einer Autostunde Entfernung wohnt unsere liebgewonnene Exil-Erleichterungs-Familie, also sind Abende zum Herz ausschütten und Tipps holen vorprogrammiert. Mehrere Freundschaften und Familienmitglieder haben sich schon angekündigt. Direkt am Montag nach meiner Ankunft werde ich mit einem deutschen Auswanderpärchen von dreieinhalb Stunden nördlicher im Kungskvarnen i Borgvik zu Abend essen. Sie sind auf der Durchreise, da sie kurzzeitig in die BRD müssen. Da sie keine Lust haben, die komplette Strecke zu fahren, haben sie einen Steinwurf von meinem Domizil eine Unterkunft gebucht. Ich bin gespannt, was sie von ihrer bisherigen Reise berichten werden. Ich freue mich auf ihre Eindrücke, ihre Erlebnisse und generell die Geschichte hinter ihrer Reise. Ich werde bestimmt zum Teil berichten, wenn es nicht zu persönlich wird. Und auch die liebe Anika von Neuland-Reiseflucht mich bereits zu einem fika eingeladen und ich bin mir sicher, dass ich das Angebot gerne annehmen werde, schließlich verfolge ich den Weg dieser Familie auch schon ein ganzes Weilchen, nachdem ich irgendwann bei meinen Recherchen auf eins ihrer Videos stieß und sie auf Anhieb sympathisch fand.. Auch sie werden sicherlich viel Interessantes zu berichten haben.

Erstaunlich wenige Steine

Ansonsten liegen bei unserer Reise aktuell erstaunlich wenige Steine im Weg. So ein Stolperstein ist eigentlich mal wieder überfällig. Der Onkel der besten Freundin unserer Tochter (wir haben uns zur Jugendweihe der Mädels kennengelernt und stehen seitdem regelmäßig in Kontakt, da wir sehr auf einer Wellenlänge liegen) meinte, dass wenn Schweden unsere Bestimmung, unser Karma ist, keine Stolpersteine kommen werden und wünscht uns Mut und Energie.

Den Mut und die Energie haben wir ohnehin. Wir freuen uns riesig auf das nächste Kapitel unseres inzwischen über dreiundzwanzig Jahre angewachsenen Buches. Aber wenn ich so auf diese Zeit zurückblicke, gab es immer Stolpersteine. Mal kleinere, mal größere, manchmal gar welche, die man im ersten Augenblick für unerklimmbar hält. Und doch sind wir nie die Abkürzung sondern immer den herausfordernderen Weg gegangen. Und an jeder gemeisterten Herausforderung sind wir gewachsen und zu dem gereift, wer und was wir heute sind. Jede Herausforderung hat uns weiter zusammengeschweißt und uns stärker gegen Einflüsse von außen gemacht. Wir können uns blind vertrauen, können auffangen, werden aufgefangen und können uns also auch fallen lassen.

Unsere Kinder sind offen, ehrlich, freundlich, aufmerksam, integer und liebevoll. Zweifellos das Ergebnis unserer Liebe, Erziehung und dem Vorleben. Das wird von manchen Eltern gern vergessen. Herzensbildung kann nur durch Vorleben erlernt werden. Dass die beiden so vertrauensvoll, unerschrocken und positiv an den anstehenden Wandel gehen, macht mich so unfassbar dankbar und glücklich.

Würde ich rückblickend irgendetwas in den letzten zwei Jahrzehnten anders machen? Mitnichten! Wobei… Mit dem Wissen von heute vielleicht schon wesentlich früher nach Schweden auswandern.

Das Titelbild zu diesem Eintrag stammt von der Illustratorin Hannah Böving, welche wirklich phantastische Motive zeichnet. Weitere ihrer Werke könnt Ihr bei Interesse hier bestaunen:

https://hannahboeving.com/


Kommentare

2 Antworten zu „Det börjar bli stormigt“

  1. Hallo Ihr lieben vier aus dem Harzer Viertel, hallo Ken,
    Nicht einen Eintrag von Dir habe ich ohne Klos im Hals gelesen, so auch diesen.
    Wo kommt das her, dieses Gefühl? Wir kennen uns noch nicht sehr lange, aber irgendetwas ist da, was mein Herz berührt, mich neugierig macht, spannend ist. Was Ihr viere vorhabt, ist inspirierend, mutig und vor allem richtig für Euch.
    Weiterhin wünsche ich Kraft, keine Steine, Freude, Hoffnung…. und zählt auf Eure Freundschaften. Wir sind es wert.
    Liebe Grüße
    Sandy

    1. Lieber Sandy,
      da hast Du Recht, wir gehen erst seit 4,5 Jahren den Weg etwas gemeinsam und doch haben wir Eure liebenswerte Familie sehr ins Herz geschlossen. Ihr macht als Eltern einen super Job (das sieht man an Euren Kindern) und als Großeltern steht Ihr dem in nichts nach. Es ist schon einer der Wermutstropfen, auch Euch hier zurückzulassen. Aber ganz aus der Welt sind wir ja alle nicht. Und versprochen, wann immer Ihr eine Auszeit braucht, Ihr seid jederzeit mit Kindern und Enkelin herzlichst bei uns willkommen. Dann können die Frauen schnacken und wir verkrümeln uns mal eine Weile in die Natur, bewaffnen uns mit Angeln und genießen die Stille und Weite, die Skandinavien so wundervoll machen.

      Danke für Eure Unterstützung, den Zuspruch und einfach Euer Sein.

      Tina och Ken

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