Traurig und müde aber trotzdem glücklich
Lange sind wir nicht dazu gekommen, mal wieder ein paar Infos zum größten Projekt unseres Lebens niederzuschreiben. Wir hatten schlichtweg zu viel zu tun, dazwischen die für unsere Familie heiligen Feiertage, Treffen mit weiteren Freunden, um unsere Pläne darzulegen und, was ganz wichtig ist, das Vorbereiten unseres Hauses und des Gartens für den Maklerfotografen.
Bisher war ich ja immer der Meinung, das „Loswerden der Altlasten“ wird meine Frau viel mehr belasten als mich. Ich bin ja schließlich der Harte… Aber weit gefehlt. Als ich den Garten trotz Wintermonaten fotogen gemacht habe, wurde ich doch ein wenig wehmütig. Viele wundervolle Erinnerungen hängen an diesem Fleckchen Erde, welches wir die letzten 16 Jahre urbar und einzigartig gemacht haben, wie das Aufwachsen unserer Kinder, das Wachsen der gesetzten Bäume und Weinstöcke, die großen Projekte wie Erdkeller und Lehmbackofen, viele Feiern mit Familie, Freunden und Nachbarn sowie unzählige Lagerfeuer. Ja, in diesem Jahr geht für uns eine Ära zu Ende und irgendwie hat es mich ein klein wenig auf der Gefühlsebene erwischt. Ist schon etwas schade, die Zelte hier abzubrechen. Allerdings holte mich mein Glügge-Weib schnell wieder auf den rechten Pfad, während sie stoisch Geschirr einwickelte, welches hier nicht mehr benötigt wird, aber trotzdem mit nach Schweden soll.
„Schon klar. Ein bisschen Wehmut wegen des Verlusts. Aber denke an das, was wir gewinnen.“ Wie Recht sie damit hat, und wie einfach dieses Mantra ist. Wir gewinnen Weite, Stille, uns umgebende Natur und natürlich mehr Platz, um uns auszutoben.
In Hinblick auf den aktuellen Arbeitsaufwand sind wir die letzten Wochen dermaßen ausgelastet, dass wir oft schon abends auf die Uhr schauen und erschreckt feststellen: „Was? Erst 20:00 Uhr??? Ich habe gehofft, wir könnten jetzt ins Bett gehen!“… Aber wahrscheinlich kommt neben der Aufgabenfülle und der körperlichen Anstrengung auch der Sonnenmangel und das mistige, nasskalte, deutsche „Winter“-Wetter dazu.
Gestern war also der Fotograf unserer Maklerin da und hat Fotos für das Exposé gemacht. Das Haus soll ja schnellstmöglich an einen Interessenten gehen, damit wir „da oben“ handlungsfähig sind. Er stellte sich als Sebastian vor und stellte beim Umrunden des Hauses fest: „Ich fühl mich ja sofort heimisch hier!“ Auf unsere Frage, woran es liegt, grinste er uns an: „Na die falun-roten Schuppen, die Schwedenfahne. Ist wie bei Schwiegereltern.“
Wir erfuhren, dass er seit 13 Jahren glücklich mit einer Schwedin verheiratet ist, seine zwei Kinder dreisprachig aufwachsen (deutsch, schwedisch, englisch) und er mit seiner Familie auch ins Ausland geht. Über unsere verdatterten Gesichter, als er meinte „Portugal“, musste er heftig grinsen. Sie lieben beide die Wärme und so zieht es sie halt in eine andere Ecke Europas. Auch schön.
Schnell und professionell erfasste er die fotogenen Motive im Haus und auf dem Grundstück und so waren wir nach einer Dreiviertelstunde schon fertig mit der Session. Sooooo viel Aufwand, für ein so schnelles Erledigen der eigentlichen Aufgabe – meine Güte! Ist ja fast wie Weihnachten. Ende dieser Woche wird die Annonce des Hauses freigeschaltet, vorher telefoniert die liebe Carrie noch interne Interessenten ab, die nach ihrer Meinung perfekt in unsere kleine Oase passen würden. Sie legt so viel Enthusiasmus an den Tag und hat irgendwie immer die passenden Worte parat. Auch ihr Exposé ist mit so viel Liebe geschrieben. Bei ihr fühlen wir uns richtig wohl und sind froh, uns nicht für das Großmaklerbüro entschieden zu haben. Wir können Evernest als Maklerbüro also bisher uneingeschränkt empfehlen.
Nun ist wieder eine Etappe geschafft. Der Hausverkauf ist ein ganzes Stück näher gerückt, weitere Zahnräder greifen in das Getriebe, unsere Reise gewinnt zunehmend an Geschwindigkeit. Zeit, weitere Freunde einzuweihen. Also lasse ich die Katze bei meiner „Sport-Junx-Gruppe“ (ja mit „x“ – aus Gründen) aus dem Sack. Ich habe ja ehrlich immer mit Bauchschmerzen auf das bevorstehende Gespräch mit ihnen geschaut. Konnte ich bei einigen nicht abschätzen, wie ihre Reaktion ausfallen würde. Was ich nicht erwartet habe, war die durchweg positive Resonanz meiner Jungs.
„Ich freu mich für euch, wird ja Zeit!“, „Wagt ihr es endlich?“, „Kommst du endlich auf deinen Nenner?“, „Wird zwar offiziell von uns nicht genehmigt, aber dann haben wir wenigstens ein beständiges Urlaubsziel.“
Das habe ich so nicht erwartet. Ich habe meine Ängste bezüglich dieser Truppe lange vor mir hergeschoben und sie haben mir (neben all den sportlichen bisher gemeinsam bewältigten Herausforderungen) mal wieder gezeigt, dass man sich seinen Ängsten einfach stellen muss. Oft sind sie Riesen, die bei näherer Betrachtung zu Scheinriesen schrumpfen. Besser früher als später. Es schließen sich Türen, andere öffnen sich dafür. Was sich dahinter verbirgt? Keine Ahnung, schauen wir nach!
Und meine Wehmut? Schon längst wieder verflogen. Das Abenteuer rückt immer näher, die Vorfreude steigt stetig Tag für Tag und es ist auch noch die Gewissheit da, dass der Besucherstrom aus dem Märkisch Oderland wohl nicht so schnell versiegen wird. Meine Frau witzelt schon: „Nachher ist es in Värmland noch überlaufener und wuseliger, als hier.“
Warten wir es ab und freuen wir uns auf neue, sich öffnende Türen.
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